Infektionszahlen steigen – sind Eltern und Kinder wieder die Verlierer?

Offener Brief der Landeselternvertretung der Kindergärten in Thüringen an den Bildungsminister

Sehr geehrter Herr Holter,

mit Besorgnis beobachten wir den Anstieg der Infektionszahlen in Thüringen. Mittlerweile sind vier Landkreise sowie die Stadt Gera in Warnstufe 2. Mit dem Kyffhäuserkreis hat der erste Landkreis die höchste Warnstufe drei erreicht.

Mit Erreichen der 2. Warnstufe ändert sich in den betroffenen Gebieten im Bereich der Kindertagesbetreuung noch nichts zur Warnstufe 1. Die Situation im Kyffhäuserkreis bereitet uns jedoch Sorgen.

Mit Erreichen der 3. Warnstufe schreibt die aktuelle Thüringer Verordnung vor, dass die Kinder nur in festen Gruppen mit festem Betreuungspersonal betreut werden dürfen. Auf Grund der Personalsituation in vielen Kindergärten wird die Betreuung während der vollen Öffnungszeiten, die i.d.R. über dem gesetzlichen Anspruch von 10 Stunden liegen, unmöglich. Auch wenn ein sehr großer Teil der Eltern den Anspruch von zehn Stunden nur selten ausnutzen, sind die Eltern meistens auf die vollen Öffnungszeiten der Kindergärten angewiesen, um Betreuung und eigene Arbeitszeiten in Einklang bringen zu können. So müssen Eltern, deren Arbeitszeit von 7-15 Uhr dauert, Ihre Kinder vor 7 Uhr in die Einrichtung bringen, können sie aber deutlich früher abholen als Eltern, die von 8:30 bis 16:30 Uhr arbeiten.

Mit einer Kürzung der Öffnungszeiten, wie wir diese aktuell bereits im Kyffhäuserkreis erleben, müssen Eltern nun wieder Kompromisse finden, um den Arbeitgebern gerecht zu werden. So werden wieder die Großeltern eingebunden. Gleichzeitig berufen sich die Einrichtungen aber darauf, dass möglichst wenig verschiedene Personen die Kinder bringen bzw. abholen.

In Anbetracht der Lage im Freistaat und der Gefahr, dass weitere Gebietskörperschaften die höchste Warnstufe erreichen, ist hier ein schnelles Handeln des Ministeriums erforderlich.

Wir fordern, dass auch in der 3. Warnstufe die vollen Betreuungszeiten angeboten werden. Wir meinen damit nicht, dass 10 Stunden geöffnet ist, sondern dass der Rechtsanspruch „im Rahmen der Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtung montags bis freitags eine tägliche Betreuungszeit von zehn Stunden“ erfüllt wird. Sollte es zu Einschränkungen in den Betreuungszeiten kommen fordern wir, dass eine entsprechende Anpassung der Beiträge erfolgt.

Eine Möglichkeit sehen wir in der Wiedereinführung der Tests in den Kindergärten. Hier sollten die nicht geimpften Fachkräfte mindestens zweimal wöchentlich verpflichtend getestet werden. Aber auch geimpfte Erzieher*innen sollten wenigstens einmal pro Woche getestet werden. Allen Akteuren ist bekannt, dass eine Impfung lediglich vor schweren Verläufen schützen kann, nicht jedoch vor einer Ansteckung und Übertragung. Den Kindern sollten man die Tests wieder anbieten, so dass die Eltern, die es wünschen, ihre Kinder testen lassen können. In dieser Kombination kann man das Prinzip der festen Gruppen aufheben.

Es darf nicht sein, dass Eltern wieder auf sich selbst gestellt sind, um Arbeit und Kinderbetreuung zu organisieren und die Kinder darunter leiden. Dabei ist es aktuell absolut unerheblich, dass sich theoretisch alle Eltern impfen lassen könnten. Wenn die Kindergärten ihre Betreuungszeiten einschränken, geht das auch zu Lasten der geimpften Eltern.