KITA-Gesetz

Quelle: TMBWK

Thüringer Gesetz
über die Bildung, Erziehung und Betreuung von
Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege
als Ausführungsgesetz zum Achten Buch Sozialgesetzbuch
– Kinder- und Jugendhilfe –

Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz
– ThürKitaG –

vom 16. Dezember 2005
(GVBl. S. 371)

zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes und anderer Gesetze vom 4. Mai 2010
(GVBl. S. 105)

Inhaltsübersicht

Erster Abschnitt

Rechtsanspruch, Ziele und Aufgaben, Allgemeines

§ 1 Begriffsbestimmungen

§ 2 Anspruch auf Kindertagesbetreuung

§ 3 Freiwilligkeit

§ 4 Wunsch- und Wahlrecht

§ 5 Träger

§ 6 Ziele und Aufgaben der Kindertageseinrichtungen

§ 7 Angebote für behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder sowie weitere Kinder mit Förderbedarf

§ 8 Kindertagespflege

§ 9 Erlaubnis und Aufsicht

Zweiter Abschnitt

Mitwirkung in Kindertageseinrichtungen

§ 10 Elternmitwirkung

§ 10a Elternsprecher auf kommunaler, Kreis- und Landesebene

§ 11 Aufgabe des Trägers

Dritter Abschnitt

Betrieb der Kindertageseinrichtungen

§ 12 Öffnungs- und Betreuungszeiten

§ 13 Räumliche Ausstattung

§ 14 Personalausstattung

§ 15 Fortbildung

§ 15a Fachberatung

§ 16 Gesundheitsfürsorge

Vierter Abschnitt

Finanzierung

§ 17 Bedarfsplanung

§ 18 Finanzierung der Kindertagesbetreuungsangebote

§ 19 Landeszuschüsse zur Kindertagesbetreuung

§ 20 Elternbeiträge

§ 21 Infrastrukturpauschale für Kinder

§ 22 Modellprojekte

Fünfter Abschnitt

Verordnungsermächtigungen, Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 23 Unterrichtungsklausel

§ 23a Kostenerstattung für das Haushaltsjahr 2010

§ 24 Verordnungsermächtigungen

§ 25 Übergangsbestimmungen

§ 26 Gleichstellungsbestimmung

Erster Abschnitt

Rechtsanspruch, Ziele und Aufgaben, Allgemeines

§ 1

Begriffsbestimmungen

(1) Kindertageseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind familienunterstützende Einrichtungen, in denen Kinder tagsüber gebildet, erzogen und betreut werden. Sie gliedern sich in:

  1. Kinderkrippen für Kinder bis zu zwei Jahren,
  2. Kindergärten für Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt,
  3. Kinderhorte für schulpflichtige Kinder und
  4. gemeinschaftlich geführte Einrichtungen für Kinder verschiedener Altersgruppen.Kindertageseinrichtungen, die nicht ganztägig arbeiten, müssen nicht zwingend gebäudebezogen sein.

(2) Kindertagespflege ist eine familiennahe Form der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern, insbesondere von Kindern bis zu zwei Jahren, im Haushalt der Tagespflegeperson, der Eltern oder in anderen geeigneten Räumen oder im Rahmen eines besonderen Betreuungsbedarfs ergänzend zur Kindertageseinrichtung.

(3) Kindertagesbetreuung ist die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern nach den Absätzen 1 und 2. Sie kann im Verbund oder in Kombination mit anderen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe, des Schulwesens oder der Sozialhilfe durchgeführt werden. Betreuungsangebote in Verantwortung der Eltern, die durch Fachkräfte unterstützt und zeitweise angeleitet werden, sind insbesondere Spielkreise und Eltern-Kind-Gruppen.

(4) Eltern im Sinne dieses Gesetzes sind die jeweiligen Erziehungsberechtigten.

(5) Wohnsitzgemeinde im Sinne dieses Gesetzes ist diejenige Gemeinde, bei der das Kind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Thüringer Meldegesetzes mit Hauptwohnsitz gemeldet ist.

§ 2

Anspruch auf Kindertagesbetreuung

(1) Jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthaltin Thüringen hat vom vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung, Erziehung und Betreuung in einer Kindertageseinrichtung. Der Anspruch umfasst im Rahmen der Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtung montags bis freitags eine tägliche Betreuungszeit von zehn Stunden; er soll in der Regel sechs Monate vor der beabsichtigten Aufnahme in die Kindertageseinrichtung gegenüber der Wohnsitzgemeinde geltend gemacht werden. Zur Realisierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf können längere Betreuungszeiten bis zu zwölf Stunden vereinbart werden; ein Rechtsanspruch hierauf besteht nicht. Der Anspruch auf Betreuung in Kindertagespflege bleibt unberührt. Für Kinder bis zum vollendeten ersten Lebensjahr ist ein bedarfsgerechtes Angebot vorzuhalten, wenn diese Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder die Erziehungsberechtigten einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten.

(2) Für Grundschulkinder besteht ein Rechtsanspruch auf Förderung in Kindertageseinrichtungen von montags bis freitags mit einer täglichen Betreuungszeit von zehn Stunden unter Anrechnung der Unterrichtszeit. Dieser Anspruch gilt mit der Förderung an Horten in Grundschulen als erfüllt. Der Anspruch auf Förderung in Horten an Grundschulen gilt vorrangig und richtet sich nach dem Thüringer Schulgesetz.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 richtet sich gegen den Landkreis oder die kreisfreie Stadt als örtlichem Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in der das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Schüler der Grundschule gilt der Anspruch mit der Betreuung in Horten an Schulen nach § 10 des Thüringer Schulgesetzes als erfüllt. Für Kinder bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres wird das nach Absatz 1 Satz 5 vorzuhaltende Angebot durch die Bereitstellung von Plätzen in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege gewährleistet; Satz 1 gilt entsprechend.

(4) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben gemeinsam mit den Gemeinden darauf hinzuwirken, dass ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten zur Verfügung steht.

§ 3

Freiwilligkeit

Der Besuch von Kindertageseinrichtungen ist freiwillig. Die mit öffentlichen Mitteln geförderten Tageseinrichtungen stehen allen Kindern unabhängig von der religiösen, weltanschaulichen und pädagogischen Ausrichtung des Trägers offen.

§ 4

Wunsch- und Wahlrecht

Die Eltern haben das Recht, im Rahmen freier Kapazitäten zwischen den verschiedenen Kindertageseinrichtungen sowie den Angeboten der Kindertagespflege am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts oder an einem anderen Ort zu wählen. Sie haben den Träger der gewünschten Einrichtung und die Wohnsitzgemeinde unter Angabe der gewünschten Einrichtung über den Betreuungsbedarf in der Regel sechs Monate im Voraus zu informieren.

§ 5

Träger

(1) Träger von Tageseinrichtungen können sein:

  1. anerkannte Träger der freien Jugendhilfe,
  2. Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften und Zweckverbände als kommunale Träger,
  3. sonstige juristische Personen, deren Zweck das Betreiben einer Tageseinrichtung ist und deren Tätigkeit nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist, und
  4. sonstige Träger, insbesondere Elterninitiativen und Betriebe.

Kommunale Träger können gemeinsam Kindertageseinrichtungen betreiben; es gilt das Thüringer Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit.

(2) Soweit geeignete Einrichtungen und Dienste von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen.

§ 6

Ziele und Aufgaben der Kindertageseinrichtungen

(1) In Anerkennung der vorrangigen Verantwortung der Eltern für die Bildung, Erziehung und Betreuung ihrer Kinder haben die Kindertageseinrichtungen einen familienergänzenden Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag und ermöglichen den Kindern Erfahrungen über den Familienrahmen hinaus. Durch Bildungs- und Erziehungsangebote wird die Gesamtentwicklung der Kinder altersgerecht und entwicklungsspezifisch gefördert. Insbesondere sollen der Erwerb sozialer Kompetenzen, wie Selbstständigkeit, Verantwortungsbereitschaft und Gemeinschaftsfähigkeit, Toleranz und Akzeptanz gegenüber anderen Menschen, Kulturen und Lebensweisen sowie Kreativität und Fantasie gefördert werden. Grundlage für die gesamte Arbeit ist ein von dem für Kindertageseinrichtungen zuständigen Ministerium erarbeiteter Bildungsplan, der für Kindertageseinrichtungen, für Tagespflege und für Schulen pädagogische Schwerpunkte festlegt und zu einem aufeinander aufbauenden Bildungssystem zusammenführt.

(2) Die Kindertageseinrichtungen nehmen ihren Auftrag zum Wohl des Kindes im ständigen engen Austausch mit den Eltern wahr und gewährleisten deren Anspruch auf Information und Beratung hinsichtlich aller Fragen zur Entwicklung ihres Kindes. Eltern werden durch das pädagogische Fachpersonal auf Angebote zur Familienbildung sowie der Frühförderung hingewiesen. Dazu kooperieren die Kindertageseinrichtungen mit geeigneten Einrichtungen in ihrem Sozialraum.

(2a) Werden in einer Kindertageseinrichtung gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes bekannt, so hat das pädagogische Fachpersonal dem nachzugehen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuzuziehen. Die Eltern sowie gegebenenfalls das Kind sind einzubeziehen, wenn hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. Wenn das pädagogische Fachpersonal dies für notwendig erachtet, hat es bei den Eltern auf die Inanspruchnahme geeigneter Hilfe hinzuwirken, erforderlichenfalls ist das Jugendamt einzubeziehen.

(3) In Umsetzung der im Bildungsplan aufgeführten Ziele und Aufgaben erstellt jede Einrichtung eine für sie verbindliche pädagogische Konzeption, die fortzuschreiben ist. Die Konzeption soll auch Aussagen zur Gestaltung der Zusammenarbeit mit den Schulen sowie mit den Angeboten der Familienbildung und -beratung im Einzugsbereich enthalten.

(4) Die Kindertageseinrichtungen sollen auf der Basis kontinuierlicher Selbstevaluation unter Einbeziehung der Eltern und in Verbindung mit internen Zielvereinbarungen konsequent und systematisch an der Weiterentwicklung der Qualität arbeiten.

(5) Das pädagogische Fachpersonal in der Kindertageseinrichtung und in der Schule soll eng zusammenarbeiten.

§ 7

Angebote für behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder sowie weitere Kinder mit Förderbedarf

(1) Kinder, die im Sinne des Achten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII, SGB XII) behindert oder von Behinderung bedroht sind, haben das Recht, gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung gefördert zu werden.

(2) Die gemeinsame Förderung erfolgt in allen Kindertageseinrichtungen (integrative Einrichtungen und Regeleinrichtungen), wenn eine dem Bedarf entsprechende Förderung gewährleistet werden kann. Grundlage hierfür ist die jeweilige Vereinbarung nach § 75 SGB XII auf Basis der Beschlüsse nach § 29 des Landesrahmenvertrages gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII.

(3) Maßgabe der Förderung ist der vom Träger der Sozialhilfe erarbeitete Gesamtplan nach § 58 SGB XII, an dessen Durchführung der Leistungen der örtliche Träger der Sozialhilfe mit den Eltern oder Sorgeberechtigten des behinderten Kindes und den sonst im Einzelfall Beteiligten, insbesondere mit dem behandelnden Arzt, dem Gesundheitsamt und dem Jugendamt zusammenwirkt. Der Gesamtplan beschreibt und regelt den besonderen Betreuungs- und Förderbedarf zur erfolgreichen Integration ausgehend von einer personenzentrierten Feststellung des individuellen Hilfebedarfs des Kindes.

(4) Für Kinder, die einer besonderen Förderung bedürfen, ohne behindert oder von Behinderung bedroht zu sein, sind geeignete Fördermaßnahmen in der Einrichtung im Rahmen des Förderauftrags nach § 22 SGB VIII und § 6 dieses Gesetzes zu treffen.

§ 8

Kindertagespflege

(1) Anstelle oder in Ergänzung der Bildung, Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung können Kinder, insbesondere im Alter von unter zwei Jahren, in Kindertagespflege vermittelt werden. Dem Wahlrecht der Eltern bei der Auswahl einer geeigneten Betreuungsmöglichkeit soll weitestgehend entsprochen werden. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes sollen die Eltern auf eine altersentsprechende Bildung, Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung verwiesen werden.

(2) Eine Tagespflegeperson darf nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreuen.

(3) Die Eignung von Tagespflegepersonen sowie das Vorliegen der kindgerechten Räumlichkeiten prüft der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

(4) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe wirkt darauf hin, dass die Rechte und Pflichten aus dem Tagespflegeverhältnis zwischen der Tagespflegeperson und den Eltern vertraglich geregelt werden. Im Fall einer öffentlichen Förderung schließt er zusätzlich eine Vereinbarung mit der Tagespflegeperson ab. Die Vereinbarungen nach Sätzen 1 und 2 sollen insbesondere die Erstattung der Aufwendungen der Tagespflegeperson, die Vergütung der Erziehungsleistung und den Abschluss einer Unfall- und Haftpflichtversicherung für Schäden, die im Zusammenhang mit der Tagespflege eintreten können, regeln.

§ 9

Erlaubnis und Aufsicht

(1) Der Betrieb von Kindertageseinrichtungen bedarf der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Zuständige Behörde für die Erteilung der Erlaubnis ist das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium; dies hat nach den Erfordernissen des Einzelfalls zu prüfen, ob die Voraussetzung zur Erteilung noch vorliegen. § 22 des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Kindertagespflege bedarf der Erlaubnis nach § 43 SGB VIII; zuständig für die Erteilung der Erlaubnis ist das Jugendamt.

(3) Die Kindertageseinrichtungen unterstehen der staatlichen Aufsicht. Aufsichtsbehörde ist das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium. Die staatliche Aufsicht gewährleistet die Einhaltung der Rechtsvorschriften und bietet fachliche Beratung an.

(4) Es ist die Aufgabe des Jugendamtes, die Aufsicht und fachliche Beratung durch das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium durch begleitende Beratungsangebote für die Kindertageseinrichtungen zu ergänzen. Im Rahmen dieser ergänzenden Beratung sollen insbesondere Anregungen für die pädagogische Arbeit und die wirtschaftliche Betriebsführung vermittelt werden.

(5) Die Träger von Kindertageseinrichtungen haben der zuständigen Behörde im Sinne von Absatz 1 unverzüglich anzuzeigen:

  1. den Wechsel des Trägers,
  2. jeden Wechsel der Leitung oder der pädagogischen Fachkräfte der Einrichtung unter Nachweis der Ausbildung und der Qualifikation der neuen Kräfte.

Zweiter Abschnitt

Mitwirkung in Kindertageseinrichtungen

§ 10

Elternmitwirkung

(1) Die Eltern haben das Recht, an Entscheidungen der Kindertageseinrichtung mitzuwirken und einen Elternbeirat zu bilden; über dieses Recht sind die Eltern durch den Träger der Einrichtung jährlich zu informieren. Der Elternbeirat fördert die Zusammenarbeit zwischen dem Träger der Einrichtung, den Eltern und den anderen an der Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder Beteiligten sowie das Interesse der Eltern für die Arbeit der Einrichtung. Dazu wählen die Eltern der Kinder einer Gruppe aus ihrer Mitte einen Elternvertreter und seinen Stellvertreter. Die gewählten Elternvertreter bilden den Elternbeirat; er wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter.

(2) Der Elternbeirat ist vom Träger und der Leitung der Einrichtung rechtzeitig und umfassend über wesentliche Entscheidungen in Bezug auf die Kindertageseinrichtung zu informieren und insbesondere vor Entscheidungen über

  1. das pädagogischen Konzept der Tageseinrichtung,
  2. die räumliche und sächliche Ausstattung,
  3. die personelle Besetzung,
  4. den Haushaltsplan der Tageseinrichtung,
  5. die Gruppengröße und -zusammensetzung,
  6. die Hausordnung und Öffnungszeiten,
  7. die Elternbeiträge sowie
  8. einen Trägerwechsel

anzuhören.

(3) Entscheidungen, die die Eltern in finanzieller Hinsicht außerhalb der regelmäßigen Elternbeiträge berühren, bedürfen der Zustimmung durch den Elternbeirat. Hierzu zählen insbesondere

  1. die Planung und Gestaltung von Veranstaltungen für die Kinder und Eltern,
  2. die Verpflegung in der Einrichtung sowie
  3. die Teilnahme an Modellprojekten.

(4) Zur Wahl der Elternvertreter lädt die Leitung der Kindertageseinrichtung ein. Die Wahl hat bis zum 30. September des Jahres stattzufinden. Sie kann schriftlich und geheim durchgeführt werden. Der Elternbeirat kann sich eine Geschäftsordnung geben, die seine Arbeit regelt. Er informiert die Eltern, die Leitung und den Träger der Kindertageseinrichtung über seine Tätigkeit.

§ 10 a

Elternsprecher auf kommunaler, Kreis- und Landesebene

(1) Elternbeiräte der Kindertageseinrichtungen können sich jeweils auf der Ebene der Gemeinde, des Landkreises sowie landesweit zu einer Gesamtelternvertretung zusammenschließen. Die Gemeinden, der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium unterstützen und fördern die Arbeit der Elternvertretungen.

(2) Die landesweite Gesamtelternvertretung nach Absatz 1 entsendet ein beratendes Mitglied in den Landesjugendhilfeausschuss nach § 9 in Verbindung mit § 7 Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz (ThürKJHAG).

(3) Die förderfähigen Kosten der Gesamtelternvertretungen tragen auf der Ebene des Landes das Land, auf der Ebene des Landkreises der Landkreis und auf der Ebene der Gemeinde die Gemeinde. Die einzelnen Mitwirkungsrechte der Elternvertretungen, das jeweilige Wahlverfahren und die Fördergrundsätze werden durch Rechtsverordnung des für Kindertageseinrichtungen zuständigen Ministeriums geregelt.

§ 11

Aufgabe des Trägers

(1) Der Träger ist verpflichtet, die Zusammenarbeit aller Beschäftigten sowie ihr Zusammenwirken mit den Eltern und anderen Partnern im Sozialraum zu unterstützen und anzuregen. Über wesentliche Belange der Kindertageseinrichtung sind die Eltern rechtzeitig zu informieren.

(2) Der Träger sichert die Information aller Beschäftigten zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Tageseinrichtung und die erforderliche fachliche Abstimmung zwischen seinen Tageseinrichtungen. Er trägt die Verantwortung für die inhaltliche und organisatorische Arbeit in der Tageseinrichtung.

Dritter Abschnitt

Organisation und Betrieb der Kindertageseinrichtungen

§ 12

Öffnungs- und Betreuungszeiten

Die Kindertageseinrichtungen sollen bedarfsgerechte Öffnungszeiten anbieten, die am Kindeswohl orientiert sind. Der Lebensrhythmus der Kinder sowie die Arbeitszeiten der Eltern der aufzunehmenden Kinder sind zu berücksichtigen. Unabhängig von der Öffnungszeit der Einrichtung soll die Betreuungszeit des einzelnen Kindes in der Regel zehn Stunden nicht überschreiten.

§ 13

Räumliche Ausstattung

(1) Für Kindertageseinrichtungen gilt:

  1. je Kind im Alter bis zu drei Jahren muss eine Mindestfläche von fünf Quadratmeter, bezogen auf die pädagogische Nutzfläche und Ruheräume,
  2. je Kind ab dem vollendeten dritten Lebensjahr muss eine Mindestfläche von 2,5 Quadratmeter bezogen auf die pädagogische Nutzfläche,
  3. je Betreuungsplatz sollen wenigstens zehn Quadratmeter Außengelände vorhanden sein.

(2) Bei vor dem 1. August 2010 genehmigten, im Bau befindlichen oder bestehenden Einrichtungen soll das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium auf Antrag des Trägers Ausnahmen von den Flächenanforderungen gemäß Absatz 1 zulassen. Darüber hinaus können befristete Ausnahmen durch das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium bewilligt werden.

§ 14

Personalausstattung

(1) Kindertageseinrichtungen müssen über die notwendige Zahl geeigneter pädagogischer Fachkräfte verfügen. Fachkräfte in diesem Sinne sind staatlich anerkannte Erzieher sowie Diplompädagogen und Diplomsozialpädagogen/-sozialarbeiter, jeweils mit dem Nachweis der methodisch-didaktischen Befähigung zur Arbeit in Kindertageseinrichtungen, oder Absolventen fachlich entsprechender Bachelor-, Master- oder Magisterstudiengänge, staatlich anerkannte Heilpädagogen und Heilerziehungspfleger, darüber hinaus sind Fachkräfte in diesem Sinne für die Arbeit in Kinderkrippen Krippenerzieher, für die Arbeit in Kindergärten Kindergärtner und für die Arbeit in Kinderhorten Horterzieher sowie Unterstufenlehrer mit der Befähigung zur Arbeit in Heimen und Horten. Das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium kann generell oder im Einzelfall Personal mit weiteren staatlichen oder nichtstaatlichen Ausbildungs- und Prüfungsnachweisen als fachlich geeignet anerkennen.

(2) Zur Erfüllung des Rechtsanspruchs nach § 2 Abs. 1 Satz 2 dieses Gesetztes soll eine pädagogische Fachkraft in der Regel insgesamt nicht mehr als:

  1. vier Kinder im ersten Lebensjahr,
  2. sechs Kinder im Alter zwischen einem und zwei Jahren,
  3. acht Kinder im Alter zwischen zwei und drei Jahren,
  4. sechzehn Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zur Einschulung,
  5. zwanzig Kinder im Grundschulalter betreuen.

Unter Berücksichtigung der fachlichen Arbeit außerhalb der Gruppen sowie von Ausfallzeiten ergeben sich folgende Personalschlüssel: Ausgehend von einer durchschnittlichen Regelbetreuung im Umfang von neun Stunden ergibt sich daraus ein Personalschlüssel von 0,352 Vollzeitbeschäftigten je Kind nach Nummer 1, von 0,234 Vollzeitbeschäftigten je Kind nach Nummer 2, von 0,176 Vollzeitbeschäftigten je Kind nach Nummer 3, von 0,088 Vollzeitbeschäftigten je Kind nach Nummer 4. Je Kind nach Nummer 5 ergibt sich ausgehend von einer Betreuung im Umfang von vier Stunden ein Personalschlüssel von 0,031 Vollzeitbeschäftigten. Zu diesen Personalschlüsseln werden zusätzlich Stellenanteile für Leitungstätigkeit im Umfang von 0,01 Vollzeitbeschäftigten je Kind berechnet, mindestens jedoch 0,2 Vollzeitstellen und maximal 1,0 Vollzeitstellen je Einrichtung. Jede Einrichtung muss über mindestens zwei pädagogische Fachkräfte verfügen. Näheres zu Gruppengröße und –zusammensetzung regelt eine Rechtsverordnung des für Kindertageseinrichtungen zuständigen Ministeriums.

(3) Über die in Absatz 2 genannte Mindestausstattung hinaus kann die Arbeit der Fachkräfte durch weitere geeignete Mitarbeiter sowie durch Eltern unterstützt werden.

(4) Für die pädagogische Leitung jeder Kindertageseinrichtung ist eine besonders geeignete pädagogische Fachkraft als Leiter einzusetzen. Eine besondere Eignung liegt vor, wenn eine Qualifikation nach Absatz 1 für alle Altersstufen mit entsprechender Berufserfahrung oder die Qualifikation zum Diplompädagogen, Diplomsozialpädagogen/-sozialarbeiter oder Absolventen mit entsprechendem Bachelor-, Master- oder Magisterabschluss nachgewiesen werden kann.

§ 15

Fortbildung

(1) Die Fortbildung der pädagogischen Fachkräfte der Kindertageseinrichtung ist Aufgabe des Landes und der Träger. Das Land kommt dieser Aufgabe dadurch nach, dass es Fortbildungsmaßnahmen anbietet und die Qualifizierung des Unterstützungssystems nach Maßgabe des Landeshaushalts unterstützt.

(2) Das Unterstützungssystem umfasst alle verfügbaren, abrufbaren und organisierten Angebote zur eigenverantwortlichen Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen, insbesondere Fachberatung durch das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium, die Jugendämter und die freien Träger sowie Konsultationseinrichtungen und Multiplikatoren.

(3) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe bietet Fortbildung insbesondere für kommunale Träger an und koordiniert trägerübergreifende Fortbildungen. Er arbeitet eng mit dem Unterstützungssystem für Kindertageseinrichtungen und dem Unterstützungssystem für Grundschulen zusammen.

(4) Die Fachkräfte sind jährlich zur fachlich qualifizierten Fortbildung entsprechend den pädagogischen Konzepten der Einrichtungen verpflichtet. Die Fortbildung soll mindestens zwei volle Arbeitstage umfassen. Der Träger hat den Fachkräften die Teilnahme an der Fortbildung zu ermöglichen und die Kosten zu tragen.

§ 15 a

Fachberatung

(1) Fachberatung beinhaltet insbesondere: Fachberatung bezogen auf das Kind, Beratung bei der Umsetzung des Bildungsplanes, bei Fragen der Betriebsführung, der baulichen, räumlichen und sächlichen Ausstattung, der Konzept-, Team- und Konfliktberatung. Sie ist für Träger, Leiter und Fachkräfte von Kindertageseinrichtungen gleichermaßen anzubieten.

(2) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe bietet bedarfsgerecht Fachberatung an. Freie Träger von Kindertageseinrichtungen können ebenfalls Fachberatung einrichten und anbieten. § 5 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) Fachberater sollen die Befähigung zur Leitung einer Kindertageseinrichtung nach § 14 Absatz 4 haben.

(4) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die Qualität der Kindertagesbetreuungsangebote durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen und weiterzuentwickeln.

(5) Das Nähere regelt eine Rechtsverordnung des für Kindertageseinrichtungen zuständigen Ministeriums.

§ 16

Gesundheitsfürsorge

(1) Bei der Aufnahme eines Kindes in einer Kindertageseinrichtung ist durch die Eltern eine ärztliche oder amtsärztliche Bescheinigung über die gesundheitliche Eignung des Kindes zum Besuch der Tageseinrichtung vorzulegen, wobei den Eltern die Vervollständigung der empfohlenen Impfungen anzuraten ist.

(2) Einmal jährlich führt der öffentliche Gesundheitsdienst mit Zustimmung der Eltern in der Tageseinrichtung eine ärztliche und eine zahnärztliche Vorsorgeuntersuchung der Kinder durch. Die Eltern können an der Untersuchung teilnehmen; sie sind über das Ergebnis zu informieren.

(3) Im Interesse der gesunden Entwicklung der Kinder ist das Rauchen in der Kindertageseinrichtung nicht gestattet.

(4) Der Träger der Kindertageseinrichtung gewährleistet die regelmäßige Versorgung der Kinder mit warmem Mittagessen.

Vierter Abschnitt

Finanzierung

§ 17

Bedarfsplanung

(1) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Aufgabe, die Kindertagesbetreuung nach § 2 zu gewährleisten. Die Wohnsitzgemeinde ist verpflichtet, die erforderlichen Plätze in Kindertageseinrichtungen bereitzustellen. Die Gemeinden nehmen diese Aufgabe als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis wahr. Sie können diese Aufgabe auf eine Verwaltungsgemeinschaft übertragen oder nach den Bestimmungen des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit wahrnehmen.

(2) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe stellen rechtzeitig vor Beginn des Kindergartenjahres für ihr Gebiet einen Bedarfsplan für die Kindertagesbetreuung in Tageseinrichtungen und in Tagespflege auf und schreiben ihn rechtzeitig fort. Der Bedarfsplan wird für ein Kindergartenjahr erstellt, das mit dem Schuljahr identisch ist. Der Bedarfsplan weist für die Gemeinden – auf der Grundlage des dem Kindergartenjahr vorangegangenen Stichtages 31. März – die Einrichtungen, die Plätze und den Personalbedarf aus, die zur Erfüllung des Anspruchs nach § 2 erforderlich sind. Bei der Aufstellung findet das für die anspruchsberechtigten Kinder vorgehaltene Betreuungsangebot in Einrichtungen außerhalb der Jugendhilfe Beachtung.

(3) Bei der Bedarfsplanung sind die örtlichen Lebensbedingungen, die sich auf den Bedarf an Kindertagesbetreuung auswirken, insbesondere die Wirtschafts- und Sozialstruktur im Planungsgebiet zu berücksichtigen. Hierbei sind die Erreichbarkeit, die tatsächliche Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und Tagespflege sowie das Wahlrecht nach § 4 zu beachten. Der Anteil der Kinder mit Behinderungen ist zu berücksichtigen.

(4) Der Bedarfsplan ist nach Anhörung der Elternbeiräte der Tageseinrichtungen im Benehmen mit den örtlichen Trägern der freien Jugendhilfe und den Gemeinden aufzustellen. Er ist mit den benachbarten Trägern der öffentlichen Jugendhilfe abzustimmen. Die Pläne werden in den Gemeinden öffentlich ausgelegt.

§ 18

Finanzierung der Kindertagesbetreuungsangebote

(1) Die Kosten der Kindertagesbetreuung werden durch Zuschüsse des Landes, durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, durch die Wohnsitzgemeinden, durch Elternbeiträge und nach Möglichkeit durch Eigenleistungen des Trägers nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gedeckt. Im Falle einer Übertragung der Aufgabe auf eine Verwaltungsgemeinschaft oder einen Zweckverband stehen diese in den nachfolgenden Bestimmungen den Wohnsitzgemeinden gleich.

(2) Voraussetzung für die Finanzierung nach diesem Gesetz ist die Aufnahme der Kindertageseinrichtung und des Angebots der Kindertagespflege in den Bedarfsplan.

(3) Bei Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 tragen die für die Einrichtung zuständigen Gemeinden die durch die Elternbeiträge nicht gedeckten Betriebskosten.

(4) Bei Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3 oder 4 hat die für die Einrichtung zuständige Gemeinde den durch die Elternbeiträge und den möglichen Eigenanteil des Trägers nicht gedeckten Anteil der erforderlichen Betriebskosten zu übernehmen. Die Höhe und das Verfahren der Erstattung ist mit dem Träger vertraglich zu vereinbaren. Der Gemeindeanteil soll in der Regel den Anteil, den die für die Einrichtung zuständige Gemeinde für eine eigene Einrichtung abzüglich des Eigenanteils des Trägers bereitstellt, nicht übersteigen.

(5) Für die Betreuung in Kindertagespflege hat der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe den durch Elternbeiträge nicht gedeckten Anteil der erforderlichen Betriebskosten zu übernehmen.

(6) Besuchen Kinder infolge des Wunsch- und Wahlrechts nach § 4 eine Tageseinrichtung außerhalb der Wohnsitzgemeinde, hat diese abweichend von Absätzen 2 und 3 der für die aufnehmende Einrichtung zuständigen Gemeinde einen durch das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium festgesetzten pauschalierten Anteil an den Betriebskosten zu zahlen. Diese Pauschale beträgt 70 vom Hundert der nach Absatz 10 ermittelten landesdurchschnittlichen Betriebskosten.

(7) Erfolgt eine Unterbringung grundsätzlich oder in ihrem zeitlichen oder qualitativen Umfang aufgrund der §§ 53 und 54 SGB XII, der §§ 55 und 56 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) oder des § 35a SGB VIII, so trägt der nach diesen Bestimmungen Verpflichtete die hierdurch entstehenden Mehrkosten; § 26 des Thüringer Kinder- und Jugendhilfeausführungsgesetzes bleibt unberührt.

(8) Betriebskosten im Sinne dieses Gesetzes sind die angemessenen Personal- und Sachkosten, die für den Betrieb einer Kindertageseinrichtung erforderlich sind. Dies schließt die Kosten für Fortbildung ein.

(9) Wird eine geeignete Tagespflegeperson vermittelt oder eine selbstorganisierte Tagespflegeperson als geeignet und erforderlich anerkannt, gewährt der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine laufende Geldleistung nach § 23 Abs. 2 SGB VIII, deren Höhe von dem für Tagespflege für Kinder zuständigen Ministerium festgelegt wird.

(10) Die Wohnsitzgemeinde hat jährlich bis zum 31. Mai des Folgejahres die durchschnittlichen Betriebskosten eines Platzes je Einrichtungsart, die Zusammensetzung und ihre Deckung sowie die Anzahl der betreuten Kinder zu ermitteln und dem für Kindertageseinrichtungen zuständigen Ministerium vorzulegen. Die Träger nach § 5 Abs. 1 Satz 1 sind verpflichtet, der Wohnsitzgemeinde die nach Satz 1 erforderlichen Daten mitzuteilen. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe meldet jährlich bis zum 31. Mai die Kosten der Tagespflege sowie die Anzahl der betreuten Kinder dem für Tagespflege für Kinder zuständigen Ministerium.

§ 19

Landeszuschüsse zur Kindertagesbetreuung

(1) Das Land beteiligt sich im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs an den Kosten der Kindertagesbetreuung im Wesentlichen über die Schlüsselzuweisungen und mit einem zweckgebundenen Zuschuss (Landespauschale).

(2) Für jeden in einer Kindertageseinrichtung bzw. in Kindertagespflege mit einem Kind im Alter zwischen null und einem Jahr tatsächlich belegten Platz zahlt das Land eine Landespauschale in Höhe von 170 Euro monatlich. Für jeden in einer Kindertageseinrichtung bzw. in Kindertagespflege mit einem Kind im Alter zwischen einem und drei Jahren tatsächlich belegten Platz zahlt das Land eine Landespauschale in Höhe von 270 Euro monatlich. Die Landespauschalen für die Betreuung von Kindern im Alter zwischen null und drei Jahren in Kindertageseinrichtungen werden der zuständigen Wohnsitzgemeinde gezahlt, die Landespauschalen für die Betreuung von Kindern im Alter von null bis drei Jahren in Kindertagespflege werden dem jeweilig zuständigen Örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gezahlt. Für jedes Kind im Alter zwischen drei Jahren und sechs Jahren und sechs Monaten zahlt das Land eine Landespauschale in Höhe von 130 Euro monatlich an die zuständige Wohnsitzgemeinde.

(3) Für jeden tatsächlich belegten Hortplatz in einer Kindertageseinrichtung zahlt das Land eine Landespauschale in Höhe von jeweils 50 Euro monatlich an die zuständige Wohnsitzgemeinde.

(4) Zur Unterstützung der Einrichtungen bei der Förderung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf gemäß § 7 Absatz 4 zahlt das Land eine Landespauschale in Höhe von jeweils 50 Euro monatlich für 0,675 vom Hundert der Kinder im Alter bis zu zwei Jahren, für 2,25 vom Hundert der Kinder im Alter zwischen zwei und drei Jahren sowie 4,5 vom Hundert der Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren und sechs Monaten an den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

(5) Für die Zuweisung der Landespauschale nach Absatz 4 und 7 werden die Zahlen der Kinder bis zu einem Alter von sechs Jahren und sechs Monaten nach der amtlichen Statistik des Landesamtes für Statistik zum Stichtag 31. Dezember des jeweils vorletzten Jahres angesetzt. Für die Zuweisung der Landespauschale nach Absatz 3 werden die tatsächlich belegten Hortplätze in einer Kindertageseinrichtung zum Stichtag 1. September und 1. März des laufenden Jahres angesetzt; sie sind dem Land spätestens bis zum 30. September beziehungsweise 31. März des laufenden Jahres zu melden. Für die Zuweisung der Landespauschale nach Absatz 2 Satz 1 und 2 gilt Satz 2 unter Berücksichtigung der jeweils tatsächlich belegten Plätze in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege entsprechend. Die Auszahlung der Landespauschalen erfolgt vierteljährlich.

(6) Das Land trägt die Kosten für Praktikantenstellen zur Ableistung des notwendigen Berufspraktikums im Rahmen der Ausbildung zum Erzieher an einer Thüringer Fachschule in Kindertageseinrichtungen nach § 1 Abs. 1.

(7) Für die Fachberatung nach § 15 a zahlt das Land eine Landespauschale in Höhe von jeweils 30 Euro jährlich je Kind im Alter zwischen einem Jahr und sechs Jahren und sechs Monaten an den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Ist die Erbringung dieser Leistung auf freie Träger übertragen worden, leitet der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Landespauschale entsprechend weiter.

§ 20

Elternbeiträge

(1) Die Eltern tragen in angemessener Weise zur Finanzierung der Kindertagesbetreuung bei. Die Elternbeiträge beziehen sich auf alle mit der Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes verbundenen Leistungen.

(2) Die Elternbeiträge sind sozialverträglich zu gestalten. Sie sind nach dem Einkommen der Eltern und/oder der Anzahl der Kinder und nach dem vereinbarten Betreuungsumfang zu staffeln. Der Elternbeitrag für die Kindertagespflege soll je nach dem Alter des Kindes der Höhe der Beiträge für die Bildung, Erziehung und Betreuung in einer Tageseinrichtung entsprechen. Die Kosten der Verpflegung des Kindes werden gesondert berechnet.

§ 21

Infrastrukturpauschale für Kinder

(1) Das Land gewährt den Gemeinden eine Infrastrukturpauschale in Höhe von 1 000 Euro pro Kind für die Anzahl der jährlich neugeborenen Kinder ihres Gemeindegebietes, die in ihrem Zuständigkeitsbereich bevölkerungsstatistisch erfasst sind. Für die Zuweisung der Infrastrukturpauschale wird die Zahl der Kinder nach der amtlichen Statistik des Landesamtes für Statistik zum Stichtag 31. Dezember des jeweils vorletzten Jahres angesetzt. Die Mittel aus der Infrastrukturpauschale werden an die Wohnsitzgemeinde ausgereicht.

(2) Förderfähige Infrastrukturmaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind:

  1. Investitionen in Kindertageseinrichtungen, Ausstattungs- und Werterhaltungsmaßnahmen sowie
  2. die Errichtung neuer Spielplätze und deren Werterhaltung oder andere Maßnahmen im Interesse der Kinder und Familien in der Wohnsitzgemeinde.

Eine Verwendung der Infrastrukturpauschale für die Finanzierung der Betriebskosten von Kindertageseinrichtungen ist bis 31. Dezember 2010 möglich. Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1 ist der Vorrang zu gewähren.

§ 22

Modellprojekte

Das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium kann einzelnen Kindertageseinrichtungen die Erprobung besonderer pädagogischer Methoden sowie Organisationsstrukturen genehmigen. Modellprojekte sollen wissenschaftlich begleitet und auf die Übertragbarkeit ihrer Ergebnisse hin ausgewertet werden; die Ergebnisse der Modellprojekte sind zu veröffentlichen. Das Land gewährt den Trägern einen Zuschuss für Modellprojekte nach Maßgabe des Landeshaushalts.

Fünfter Abschnitt

Verordnungsermächtigungen, Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 23

Unterrichtungsklausel

Das für Kindertageseinrichtungen und Tagespflege für Kinder zuständige Ministerium ermittelt jährlich die tatsächlich angefallenen Kosten der Kindertagesbetreuung, die aufgrund der Durchführung dieses Gesetzes entstehen, sowie den prozentualen Anteil der Kinder, die einen Platz in Kindertageseinrichtungen in Anspruch genommen haben. Die Gemeinden und örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind bei der Auswertung der ermittelten Daten zu beteiligen. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag über die entstandenen Kosten und über die Erfahrungen mit den Regelungen dieses Gesetzes.

§ 23 a

Kostenerstattung für das Haushaltsjahr 2010

(1) Abweichend von § 19 erfolgt für das Haushaltsjahr 2010 einmalig die Erstattung der angemessenen Kosten für die Kindertagesbetreuung, die den Gemeinden oder den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe unter Berücksichtigung der erzielten Einnahmen durch den Vollzug des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes entstanden sind. Das Verfahren zur Feststellung der Kosten nach Satz 1 wird durch Rechtsverordnung des für Kindertagesbetreuung zuständigen Ministeriums geregelt.

(2) Übersteigen die Kosten nach Absatz 1 den für die Aufgabenerfüllung nach dem Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz ursprünglich prognostizierten Gesamtbedarf im kommunalen Finanzausgleich für das Haushaltsjahr 2010, ist die Differenz im Jahr 2012 durch das Land zu erstatten. Bei einer Überzahlung ist der Überzahlungsbetrag im Kommunalen Finanzausgleich des Haushaltsjahres 2012 zu verrechnen.

§ 24

Verordnungsermächtigungen

(1) Das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium regelt im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Thüringer Landtags durch Rechtsverordnung Näheres über

  1. die räumliche Ausstattung von Kindertageseinrichtungen nach § 13,
  2. das Verfahren der Auszahlung der Landespauschalen zur Kindertagesbetreuung nach §§ 19 und 21 sowie die Grundlagen und die Höhe des Zuschusses nach § 19 Abs. 6.
  3. die Wahl und die Mitwirkungsrechte der Elternbeiräte sowie die Förderungsgrundsätze des Landes nach § 10 a,
  4. Gruppengröße und -zusammensetzung nach § 14 Abs. 2,
  5. Sicherstellung der Qualität in den Einrichtungen nach § 15 a Abs. 5
  6. das Verfahren zur Feststellung der Kosten für die Kindertagesbetreuung nach § 23 a Abs. 1.

(2) Das für Kindertagespflege zuständige Ministerium regelt durch Rechtsverordnung Finanzierungsgrundsätze und Näheres zu § 8, insbesondere zur Eignung und Qualifizierung der Tagespflegeperson sowie zu den Anforderungen an die Organisation und räumliche Unterbringung.

§ 25

Übergangsbestimmungen

(1) Zur Umsetzung des Rechtsanspruchs nach § 2 Abs. 1 Satz 1 dieses Gesetzes gelten bis zum 1. August 2013 folgende Übergangsbestimmungen:

  1. Kann eine Gemeinde die erforderlichen Plätze in der Kindertageseinrichtung für den am 1. August 2010 bestehenden Rechtsanspruch auf Betreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr noch nicht bereitstellen, so ist sie zum stufenweisen Ausbau des Platzangebotes verpflichtet. Für die bedarfsgerechte Bereitstellung von Plätzen in Kindertagespflege durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gilt diese Verpflichtung entsprechend. Der Anspruch nach § 2 Abs. 1 ist bis spätestens 1. August 2013 zu erfüllen.
  2. Im Fall der Nummer 1 beschließt die Gemeinde jährliche Ausbaustufen für die erforderlichen Plätze in der Kindertageseinrichtung, der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe beschließt jährliche Ausbaustufen für ein bedarfsgerechtes Angebot an Kindertagespflege. Die Ausbaustufen sind Gegenstand der Bedarfsplanung.
  3. Solange das erforderliche Angebot noch nicht zur Verfügung steht, ist ein bedarfsgerechtes Angebot gemäß § 24 Abs. 2 und 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vorzuhalten und die vorhandenen Plätze sind in erster Linie Kindern zur Verfügung zu stellen, deren familiäre Situation eine Tagesbetreuung erfordert. Hierzu zählen insbesondere die Erwerbstätigkeit der Eltern bzw. des allein erziehenden Elternteils, die Teilnahme an Maßnahmen der Arbeitsförderung nach § 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), die Aus- und Fortbildung der Eltern oder ein besonderer Erziehungsbedarf des Kindes.

(2) Zur Umsetzung der gesetzlichen Mindestpersonalausstattung nach § 14 Abs. 2 dieses Gesetzes gelten bis zum 1. August 2013 folgende Übergangsbestimmungen:

  1. Kann ein Träger die Personalschlüssel nach § 14 Abs. 2 nicht gewährleisten, weil weder die Beschäftigungszeit der bereits eingestellten pädagogischen Fachkräfte in ausreichendem Maße erhöht werden kann, noch aus Mangel an fachlich qualifiziertem Personal Neueinstellungen möglich sind, hat er dies dem für Kindertageseinrichtungen zuständigen Ministerium unverzüglich anzuzeigen. Die Anzeige enthält Angaben darüber, wie viel Personal mit Inkrafttreten der Neuregelung neu eingestellt und/oder ob und in welchem Umfang die Beschäftigungszeit der bereits eingestellten pädagogischen Fachkräfte erhöht werden konnte. Die Anzeige verpflichtet den Träger, dem für Kindertageseinrichtungen zuständigen Ministerium spätestens zwölf Monate nach erfolgter Anzeige mitzuteilen, ob die Mindestpersonalausstattung zwischenzeitlich erfüllt wird. Konnten die Personalschlüssel auch weiterhin nicht vollständig gewährleistet werden, kann das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium nach Anhörung des Trägers weitere Personalgewinnungsmaßnahmen verlangen.
  2. Solange die Umsetzung des gesetzlichen Mindestpersonalschlüssels nach § 14 Abs. 2 dieses Gesetzes aufgrund Nummer 1 nicht gewährleistet werden kann, gelten die folgenden, bisher geltenden Vorgaben zur Mindestpersonalausstattung fort:Die Bemessungsgröße für die pädagogische Arbeit in der Kindertageseinrichtung zur Erfüllung des Rechtsanspruchs nach § 2 Abs. 1 Satz 2 ist mindestens:
    1. eine pädagogische Fachkraft für jeweils sieben Kinder im Alter von null bis zwei Jahren,
    2. eine pädagogische Fachkraft für jeweils zehn Kinder im Alter zwischen zwei und drei Jahren,
    3. eine pädagogische Fachkraft für jeweils 15 Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zur Einschulung,
    4. 0,6 Stellen einer pädagogischen Fachkraft für jeweils 20 Kinder im Grundschulalter.

    Ausgehend von einer durchschnittlichen Regelbetreuung von neun Stunden ergibt sich daraus ein Personalschlüssel von 0,161 Vollzeitbeschäftigten je Kind nach Nummer 1, von 0,113 Vollzeitbeschäftigten je Kind nach Nummer 2, von 0,075 Vollzeitbeschäftigten je Kind nach Nummer 3 sowie ausgehend von einer Betreuung im Umfang von vier Stunden ein Personalschlüssel von 0,03 Vollzeitbeschäftigten je Kind nach Nummer 4. Zu diesem Personalschlüssel werden zusätzlich Stellenanteile für Leitungstätigkeit im Umfang von 0,005 Vollzeitbeschäftigten je Kind sowie für Vor- und Nachbereitung im Umfang von 0,0025 Vollzeitbeschäftigten je Kind berechnet.

 

Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.